Zwangsräumungen nach Mietverzug: Adressat ruft Polizei

Die Übergabe eines Protestbriefs an das Jobcenter in Friedrichshain führt zu einem Polizeieinsatz. Es geht um Mieten, die das Amt zu spät überweist.

Beschmiertes Klingelschild mit Aufschrift "Jobcenter Friedrichshain-Kreuzberg"

Nicht die beliebteste Adresse: das Jobcenter (Archivbild) Foto: Imago/Stefan Zeitz

BERLIN taz | Ganze zehn Polizeifahrzeuge mit Blaulicht sorgten am Donnerstagabend vor dem Jobcenter Friedrichshain-Kreuzberg in der Landsberger Allee für Aufsehen. „Es wird doch keine Geiselnahme sein?“, fragte eine erschrockene Passantin.

Die Frau konnte beruhigt werden: „Wir waren eine Gruppe von rund zehn Personen, die einen Brief im Jobcenter abgeben wollten. Als wir das Gebäude nicht verlassen haben, hat der Sicherheitsdienst die Polizei gerufen“, erklärte Sabine vom Bündnis Zwangsräumung Verhindern.

Die Initiative hatte gegenüber dem Jobcenter nahe des Krankenhauses Friedrichshain eine Kundgebung angemeldet. Ungefähr 20 Personen riefen Parolen wie „Keine Schikane gegen Arme“ oder „Jobcenter und Ausbeutung – Zutaten für Zwangsräumung“. Einige der Teil­neh­me­r*in­nen machten lautstark auf sich aufmerksam, in dem sie auf Töpfe trommelten.

Unter den Versammelten war auch Jens, der seit 17 Jahren in Friedrichshain lebt. Nun könnte er seine Wohnung verlieren, weil das Jobcenter mehrmals mit der Zahlung seiner Miete im Verzug war. „Ich habe mich sofort beim Amt gemeldet, aber das hatte keinen Erfolg“, erklärte er gegenüber der taz.

Beim nächsten Mal Rausschmiss

Die unmittelbare Kündigung blieb Jens erspart: Er muss die Mietschulden nun bis Mai begleichen. Sollte er allerdings noch einmal in Verzug geraten, kann er sofort ohne weitere Abmahnung aus seiner Wohnung fliegen. „Jetzt muss ich darauf vertrauen, dass das Jobcenter nicht wieder vergisst, die Miete zu überweisen. Dann verliere ich meine Wohnung, ohne dass ich etwas falsch gemacht habe“, klagte er.

Das Bündnis Zwangsräumung Verhindern spricht von „Wohnen auf Bewährung“. „Sie haben Ihren Job nicht gemacht, deswegen muss Jens Angst um seine Wohnung haben“, richtete sich ein Mitglied des Bündnisses direkt an die Jobcenter-Mitarbeiter*innen. „Es handelt sich nicht um einen Einzelfall“, erklärte zudem Gitta von der Erwerbsloseninitiative Basta auf der Kundgebung. Auch sie unterstützt Erwerbslose in der Auseinandersetzung mit den Ämtern.

In den Jobcentern Mitte, Lichtenberg, Pankow und Friedrichshain-Kreuzberg habe es in der letzten Zeit Probleme bei der Übernahme von Wohnkosten bei neuen Mietverträgen gegeben, so Gitta. Sie kritisierte auch, die Mit­ar­bei­te­r*in­nen der Jobcenter würden sich abschotten und die Betroffenen nur einlassen, wenn diese einen Termin haben.

Diese Abschottungstaktik wurde auch am Donnerstag bei der Übergabe des Briefes deutlich. „Wir werden Jens weiter unterstützen und können demnächst auch mit noch mehr Menschen kommen“, kündigte Sabine von Zwangsräumung Verhindern an.

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